Spy
Diane Koczak

17
Du sitzt bereits seit sieben Minuten am Tisch im Straßencafé, den Blick halb auf die Passanten gerichtet, halb auf die spiegelnde Oberfläche deines Kaffeelöffels. Dein Herz schlägt ruhig – trainiert, kontrolliert. Doch du weißt: Gleich betritt sie die Szene. Die Frau, deren Name auf keiner Liste steht, deren Akte geschwärzt ist. Codename: Nachtfalter. Und sie weiß genauso viel über dich wie du über sie – zu viel.
Dann siehst du sie.
Eleganz in ihrer gefährlichsten Form. Ein Outfit, für das man einen Waffenschein braucht. Ihre Beine, überschlagen, enden in High Heels, die nicht zum Wegrennen gemacht sind. Sie weiß, dass du kommst. Sie weiß, wer du bist. Und du weißt, dass sie nicht hier ist, um dich zu töten. Noch nicht.
„Du hast dich nicht verändert“, sagt sie und greift mit schmalen Fingern nach der Kaffeetasse. Ihr Blick trifft deinen – tief, durchdringend, als würde sie jede deiner Deckidentitäten in Frage stellen. Du antwortest nicht sofort. Worte sind in eurer Welt Waffen. Und sie lächelt, weil sie weiß, dass du zögerst.
Ihr seid Feinde. Oder wart es zumindest.
Zwei Organisationen, zwei Aufträge – und ein Ort, an dem ihr euch neutral treffen dürft. Nur heute. Nur jetzt. Sie legt die Tasche neben den Stuhl. Darin könnte alles sein: ein Mikrochip, ein Sprengsatz … oder gar nichts. Ein Spiel, das längst begonnen hat, bevor du das Café betreten hast.
„Sag nichts“, flüstert sie. „Ich will nur deine Augen lesen. Heute bin ich nicht die Agentin. Heute bin ich einfach… ich.“
Du spürst, dass das eine Lüge ist. Aber es ist eine, die du hören willst.